Lebensmittelallergie, Unverträglichkeiten & Kreuzallergien: Häufiger als vermutet?

Lebensmittelallergie Kreuzallergie Nahrungsmittel Unverträglichkeit

Es wird unterschieden zwischen Lebensmittelallergie und Nahrungsunverträglichkeit. Dazu kommt die weniger bekannte Kreuzallergie, die Heuschnupfen-Allergiker aus bestimmten Gründen bekommen können. Immerhin: Millionen sind betroffen. Fto: Pixabay.com/Silviarita

Es gibt so manche Mythen rund um das Thema „Lebensmittel-Unverträglichkeit“, Lebensmittelallergie und Nahrungsmittelallergien und sie scheinen, den Spezialprodukten in den Supermärkten nach, stetig zuzunehmen. Wie sieht es tatsächlich aus? Haben wir – vor allem Kinder – wirklich so oft Lebensmittelallergien wie wir vermuten? Ist es nicht eher eine Nahrungsmittelunverträglichkeit und, wenn ja, wie unterscheidet sich das? Was hat Stillen damit zu tun, dass mein Kind später kein Allergiker wird und was ist eine Kreuzallergie, die sehr viele Heuschnupfen-Geplagte haben? Und schließlich: Wie lindern die richtigen Lebensmittel meinen Heuschnupfen? Ein Überblick.

Steigt die Zahl der Lebensmittelallergiker nun oder nicht? Der Bayrische Rundfunk fragte bei ein paar Experten nach, die auch über die Studienlage sprachen. Tatsächlich sei die Datenlage in Sachen Lebensmittelallergien eher schlecht. Allenfalls bei Erdnüssen, Milch und Ei wisse man mehr. So stellte man in Sachen Erdnussallergie fest, dass die Zahlen stiegen. Dies allerdings nur in Amerika.

Bei Milch und Ei hätte man für Europa gute Daten, allerdings sei die Zahl der Lebensmittelallergiker, die darauf reagieren würden, geringer als angenommen.

Nicht nur besorgte Eltern liegen oft falsch mit Annahme ‚Lebensmittelallergie‘

Besonders häufig kämen Eltern mit dem Verdacht zum Kinderarzt, dass ihr Kind eine Nahrungsmittelallergie hat. Würde dies stimmen, dann wäre das bei jedem fünften Kind so. Tatsächlich seien es laut Kinder- und Jugendmediziner am Klinikum Starnberg, Dr. Florian Gundel, in der Praxis dann aber eher zwei bis vier Prozent.

Überhaupt denken 30 Prozent der Deutschen, dass sie eine Lebensmittelallergie hätten. Tatsächlich sind es unter Erwachsenen aber auch nur drei bis vier Prozent.

Lebensmittelallergie und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Der Grund für eine allergische Reaktion ist stets gleich. Der Körper reagiert auf Eiweiße, welche es fälschlicherweise als Bedrohung ansieht und mit dem Immunsystem Gegenmaßnahmen einleitet. Doch, so die Seite Netdoktor, während fast 15 Prozent der Deutschen eine Heuschnupfenallergie haben, sind es bei Lebensmittelallergien eben lediglich drei bis vier Prozent.

Hier sind es meist spezielle Lebensmittel, auf deren Eiweiße der Körper reagiert. Vornehmlich sind es folgende Nahrungsmittel, auf die der menschliche Körper reagieren kann:

  • Nüsse (wie Erdnüsse)
  • Hühnereier
  • Milch
  • Weizen
  • Soja
  • Meeresfrüchte

Warum der menschliche Körper allergisch auf Nahrungsmitteleiweiße reagiert, ist medizinisch noch nicht eindeutig geklärt. Umweltfaktoren, aber auch erbliche Gründe sollen Allergien auslösen.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind indes nicht mit einer Lebensmittelallergie zu verwechseln. Bei ersterem kommt es nicht zu einer Immunreaktion, sondern der Körper reagiert mit Missempfinden wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall. Am besten bekannte Intoleranzen sind die Laktoseintoleranz und die Histaminintoleranz.

Kinder, das Stillen und die richtige Beikost

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Kinder und der spätere Erwachsene haben in Sachen Vermeidung einer Lebensmittelallergie gute Karten, wenn sie gestillt wurden und anschließend eine vielseitige Beikost erhalten. Foto: Pixabay.com/gris guerra

Mediziner sind sich einig – Kleinkinder können leichter eine Allergie gegen Lebensmittel entwickeln, da ihre Darmwände noch nicht vollständig entwickelt sind. Dies macht sie anfälliger. Voll gestillte Säuglinge neigen nachweislich kaum zur Entwicklung von Allergien – weder Heuschnupfen noch Lebensmittelallergien. Nicht oder nur teilweise gestillte Babys dagegen haben das größere Risiko, später allergisch zu reagieren.

Und die Ärztezeitung plädiert nach Studienergebnissen und anhand der S3-Leitlinie „Allergieprävention“ für folgende Beikost ab dem 5. Monat: „In einer Stellungnahme wurde den Beobachtungen Rechnung getragen, dass der Konsum von Gemüse und Früchten, einer sogenannten mediterranen Kost, von langkettigen -3 Fettsäuren bzw. einem günstigen Verhältnis von -3 zu -6 Fettsäuren sowie Milchfett mit einer geringeren Allergieprävalenz assoziiert.“ Potentielle Allergene sollten ausdrücklich nicht gemieden werden und Fisch früh in die Beikost zu integrieren sei vorteilhaft zum Schutz vor späteren Allergien.

Einfach bei Kindern potenzielle Allergene weglassen, um Lebensmittelallergie zu vermeiden?

Ebenfalls beim Bayrischen Rundfunk wird eine Studie zu Kindern und Erdnussverzehr beschrieben. Hier wurde getestet, ob das vorausschauende Streichen von Erdnüssen auf dem Ernährungsplan von Kleinkindern eine spätere Lebensmittelallergie verhindert. Das Ergebnis ist erstaunlich, denn mit 5 Jahren hatten 17 Prozent dieser Kinder eine Erdnussallergie. Unter jenen Kindern, die Erdnüsse vorher gegessen haben, hatte keines solch eine Lebensmittelallergie entwickelt. Ergo: Vielfalt macht`s.

Die Symptome einer Lebensmittelallergie

Die Symptome einer Lebensmittelallergie können sehr stark variieren, sei es in ihrer Art oder Intensität. Häufig sind entzündliche Reaktionen der Schleimhäute die Folge, etwa:

  • Tränende Augen
  • Schnupfenähnliche Symptome und Niesreiz
  • Asthma-Anfälle mit Luftnot und Hustenreiz
  • Entzündung der Darmschleimhaut

Doch auch die Haut kann Reaktionen wie Ausschläge, juckende Ekzeme und Hautrötungen zeigen. Zudem sind Blähungen, Durchfall und Übelkeit möglich.

Leichte Reaktionen sind oft schwer direkt auf eine Lebensmittelallergie zurückzuführen. Hierfür gibt es Tests, die nachweisen, ob eine Lebensmittelallergie vorliegt. Schwere Reaktionen können bis zum anaphylaktischen Schock führen, der eher von allergischen Reaktionen auf Wespenstiche bekannt ist.

Laut Allergieinformationsdienst ähnelt eine Glutenunverträglichkeit, Zöliakie genannt, sehr einer Lebensmittelallergie.

Die Diagnose einer Lebensmittelallergie, wie die von Zöliakie, gehört in die Hände von Fachleuten. Im Internet erhältliche Tests auf Lebensmittelallergie sind wenig aussagekräftig.

Die etwas andere Lebensmittelallergie: Kreuzallergien

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Wer den Apfel nicht verträgt – liegt hier eine Lebensmittelallergie, „nur“ eine Unverträglichkeit oder eine Kreuzallergie vor? Foto: Pixabay.com/conquerdesign

Selbst Heuschnupfenallergikern weniger bekannt sind Kreuzallergien. Kreuzallergien können gegen Nahrungsmittel auftreten, deren Eiweiße denen von Pflanzenpollen ähneln.

Beispiel: In der Medizin gibt es das als „oral allergy syndrome“ (OAS) – auf Deutsch orales Allergiesyndrom – bekannte Phänomen, bei dem Birkenpollenallergiker auf handelsübliche Äpfel reagieren. Allergische Symptome, wie Anschwellen, Rötung und Juckreiz der Mundschleimhaut können von dem im Apfel enthaltenen Eiweiß entstehen. Ohne aktuell Kontakt zu Birkenpollen zu haben.

Grundsätzlich können vergleichbare Symptome wie bei einer Lebensmittelallergie auftreten. Es kann zu Bläschen an den Lippen und Rötungen rund um den Mund kommen. Reaktionen am ganzen Körper wie Ausschlag, Rötungen, Juckreiz sind eher selten. Auch Erbrechen, Durchfall, Schwindel und Blutdruckabfall sind selten. Leider ist auch ein anaphylaktischer Schock möglich, der umgehend notärztliche Hilfe fordert.

Die Stärke der möglichen Reaktion hängt vom Reifegrad, der Sorte, der Herkunft und der Zubereitungsart ab. So sind viele der nachfolgend genannten Lebensmittel gekocht oft kein Problem. Nach der Pollensaison von März bis Ende August ist eine bekannte Reaktion auf Lebensmittel oft etwas milder.

Kreuzallergien können auch beispielsweise durch eine Allergie auf Latex oder den Kot der Hausstaubmilben entstehen.

Wie viele Menschen haben eine Kreuzallergie?

Etwa 3,5 Millionen Jugendliche (ab 15 Jahren) und Erwachsene leiden in Deutschland an einer Nahrungsmittelallergie. Bei etwa 60 Prozent – oder zwei Millionen Menschen – basiert die Lebensmittelallergie tatsächlich auf einer Kreuzallergie.

Die gängigsten Pollen und ihre typischen Kreuzallergien

Wer gegen Birkenpollen allergisch ist, hat die meisten möglichen Nahrungsmittel, die eine Allergie auslösen könnten. Hierzu zählen:

  • Mandeln, Karotten, Soja(milch), Nüsse (v.a. Haselnüsse, Walnüsse, Paranüsse)
  • Zahlreiche Sorten Frischobst wie Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Aprikosen, Brombeere, Erdbeere, Himbeere, Zwetschgen/Pflaume, Kirschen, Mirabelle, Nektarine, Feige und Jackfrucht
  • Gewürze wie Pfeffer, Petersilie Paprikapulver
  • Selten: rohe Tomaten, rohe Kartoffeln, Kiwi, Sellerie und Avocado.

Allergiker, die auf Gräserpollen, reagieren könnten eine Kreuzallergie auf folgende Lebensmittel bekommen:

  • Kartoffeln (roh), Soja und Erdnüsse (Hülsenfrüchte allgemein), Erbsen, Kiwis, Tomaten, Melone, Wassermelone
  • Getreide: Roggen, Hafer, Weizen, Gerste
  • Pfefferminze, zahlreiche Kräuter und Gewürze

Eine dritte Gruppe an eine Kreuzallergie auslösenden Pflanzen kommt aus dem Bereich der Kräuter(pollen). Hier ist es insbesondere der Beifuß, der vielerorts wild wächst und als Allergieauslöser gilt. Werden Paprika oder Gurken beispielsweise nicht vertragen, dann kann das eine Lebensmittelallergie sein, ausgelöst durch eine Kreuzallergie. Auch wenn es beim Paprika oft auf seine schwere Verdaulichkeit geschoben wird. Weitere Lebensmittel, auf die Man bei Beifuß-Pollenallergie reagieren kann:

Karotten, Sellerie, Kamille, Tomaten, Artischocken, Knoblauch, verschiedene Gewürze.

Heuschnupfen durch Auswahl der richtigen Lebensmittel lindern

Heuschnupfen und Kreuzallergie

Heuschnupfen und Kreuzallergie. Foto: Pixabay.com/sweetlouise

Histamine sind Botenstoffe, die Heuschnupfen wie Kreuzallergie fördern. Dieser sogenannte Botenstoff ist in einigen alltäglichen Lebensmitteln enthalten. Eine histaminarme Ernährung hingegen hilft, die Reaktionen des Körpers zu reduzieren. Mancher Allergiker reagiert zwar nicht unbedingt bei viel Histamin/einzelne der folgenden Produkte, es ist allerdings möglich:

Histaminreiche Lebensmittel sind u.a.:

  • Gut gereifter Käse (alter Gauda, Parmesan, z. B.)
  • Gemüsesorten wie Champignons, Steinpilze, Sauerkraut, Spinat, Hülsenfrüchte Tomaten
  • Früchte wie Erdbeeren, Himbeeren, Orangen, Zitrusfrüchte, Banane, Ananas, Kiwi, Birnen, Papaya; allgemein: überreife Früchte
  • Nüsse
  • Zudem: Hefeextrakt/Glutamat, Essig, Kakao, dunkle Schokolade, Rotwein, schwarzer Tee, Mate-Tee, Lakritz
  • Frische Backwaren, Getreide, Hefe- und Sauerteiggebäck

Dagegen werden Beschwerden häufig gelindert, wenn Sie bewusst auf histaminarme Lebensmittel setzen, da diese Mikronährstoffe wie Vitamine, Antioxidantien, Flavonide oder Quercetin enthalten, die das Immunsystem stärken.

Zu den „guten“, histaminarmen Lebensmitteln gehören:

  • Grünes Blattgemüse (bis auf Spinat)
  • Brokkoli
  • Äpfel und Zwiebel (wenn man keine Birkenpollenallergie hat)
  • Thymian
  • Frischkäse, junger Käse
  • Petersilie
  • Holunder
  • Sanddorn

Tipps:

  • Eine Pollenallergie wird ganz natürlich gelindert durch Thymian-Tee. Hierzu 2 x täglich 1 EL frischen Thymian mit 150 ml Wasser aufkochen.
  • Eine gute Versorgung mit Vitamin D, auch und gerade im Winter, beugt allzu starken Heuschnupfensymptomen vor.

Und da wäre noch… Histaminintoleranz

Wer keinen Heuschnupfen hat aber eine Histaminintoleranz, der reagiert auch entsprechend auf die genannten Lebensmittel. Doch die Feststellung, ob es sich um eine Histaminintoleranz handelt, ist schwierig und benötigt eine gute Differenzialdiagnose. Laboranalysen von Blut und Urin sind laut Medical Tribune als kritisch anzusehen. Sie hätten keinen diagnostischen Wert.

14 Tage eine Ausschlussdiät zu machen, kann hier etwas Klarheit verschaffen, auf was Sie reagieren und auf was nicht. Hierzu etwa die verdächtigen Lebensmittel, wie oben genannte, wegzulassen und sie dann nach und nach gezielt wieder zu sich nehmen, um zu sehen, was sie bewirken. Anschließend muss ein Arzt oder Ernährungsberater Ernährungsempfehlungen geben, die man lebenslang befolgen sollte, um die Symptome zu vermeiden. Diese reichen von Juckreiz über Atembeschwerden, Dauerschnupfen, Bauchschmerzen, Durchfall, bis zum Blutdruckabfall oder Herzrasen. In immer wieder dokumentierten Fällen kann es auch hier zum anaphylaktischen Schock kommen.

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